Zeit zu Zweit

Beim Essen in der Kantine beobachte ich ein wiederkehrendes Phänomen, das ich auch aus anderen Zusammenhängen kenne. Ich nenne es das „Dritter im Bund statt Zeit zu Zweit“-Phänomen:

Ich bin mit einer Freundin verabredet – zu einem Vieraugengespräch. Es gibt ein paar persönliche Dinge zu besprechen. Die Kantine ist nicht der ideale, aber an diesem Tag der günstigste Treffpunkt.

Das erhoffte Gespräch kommt nicht zustande, weil sich just jemand Drittes zu uns setzt. Zack! Das dritte Tablett steht auf dem Tisch. Stuhl Numero Drei zurecht gerückt. Noch ehe ich realisiert habe, was geschieht, hat die dritte Person  das Gesprächsthema eröffnet. „Verdammte sch…!“ denke ich innerlich. Ich schaue perplex. Ringe mir dann ein Lächeln ab: „Guten Appetit!“.

Das Phänomen „Dritter im Bund statt Zeit zu Zweit“ in einem Moment, in dem ich eigentlich etwas Wichtiges mit meiner Freundin besprechen will, kommt mir ungelegen. Noch schlimmer wird es in Situationen, in denen die Zeit zu Zweit für ein männliches Gegenüber reserviert war. Die dritte Person verursacht dann nämlich eine massive Störung im Intimitätsgetriebe. Wusch! Rosarotfärbung der Szene ausgewischt. Trockener Schlechtwetter-Talk. „Dieser Moment kommt nie wieder!“ schreit es in mir.

Was in diesem Moment von der erhofften Zweisamkeit bleibt, ist ein leises Knistern. Eine kleine Verbindung zu der Person gegenüber, mit der ich gerade so exklusiv meine Zeit teilen wollte. Interessant finde ich, dass es der „störende“ Dritte schließlich doch nicht schafft, die schöne wärmende Verbindung zwischen uns aufzuheben. Auch ein Phänomen: dass die Verbindung zwischen Zweien trotz gravierender Störungen nicht abreißen muss.

Etwas anders, und doch ähnlich, erlebe ich das mit Gott.  Auch wenn mir viele Menschen in mein Leben reden, spüre ich den besonderen Draht zu ihm. Ich bin manchmal traurig, dass ich meine Zeit nicht störungsfrei mit ihm verbringen kann. Mich frustriert es, wenn die Kommunikation mit ihm durch das Reden eines Dritten unterbrochen wird. Aber schließlich habe ich zwei Optionen: Entweder rechtzeitig reagieren und für die Exklusivzeit mit Gott tatsächlich zwei Plätze im Séparéé reservieren. Oder mich ab und an stören lassen und entspannt dabei bleiben. Denn wichtiger als die Zeit zu Zweit ist das Wissen, dass die Verbindung zwischen ihm und mir auch durch Störenfriede von Außen nicht gekappt werden kann.

Darüber hinaus bin ich froh, dass es viele viele wohltuende störungsresistente Verbindungen auch zwischenmenschlicher Art in meinem Leben gibt. Viele tolle Menschen, mit denen ich mich verbunden fühle.

Danke, dass ihr da seid!