Wie lange dauert es, den Verlust eines lieben Menschen zu verarbeiten? Bis es sich nicht mehr anfühlt, als wäre einem ein Stück des Herzens oder gar das ganze Herz entrissen worden? Ist es überhaupt möglich, über einen solchen Verlust hinwegzukommen? Wie viele Tränen darf man weinen? Wie schafft man den Weg zurück in die Normalität?
Es gibt viele Situationen und Erlebnisse, in und nach denen man Verlust empfindet. Situationen und Erlebnisse, die einen in tiefe Trauer stürzen. Zur Trauer kommt oft ein tief greifender Schmerz hinzu.
Ich kenne Trauer und Schmerz. Ich mag sie nicht. In meiner Kindheit und Jugend habe ich mich mit meiner Trauer und mit meinem Schmerz meist sehr allein gefühlt. Der erhoffte oder notwendige Trost von Außen blieb aus. Oder er reichte bei weitem nicht.
Ich erinnere mich, wie ich mich mit Dreizehn (nach dem Tod meines dreijährigen Cousins) mit all meiner Trauer und im Schmerz über das Unbegreifbare an Gott wandte: „Gott, wie konntest du so etwas zulassen? Gott, wenn es dich gibt, wo bist du jetzt?“
Und dann wandte ich mich von Gott ab. Sein Schweigen veranlasste mich dazu, auch zu schweigen, mit dem Fragen, dem Beten und Flehen (vgl. Epheser 6 / 18) aufzuhören. Ich fühlte mich (von Gott) verlassen und verloren.
Meine Tränen habe ich unterdrückt. Ich wollte sie niemandem mehr zumuten. Vielleicht auch mir selbst nicht. „Bitte Lächeln!“ wurde mein Programm. Und so schaffte ich die Rückkehr in die Normalität. Zumindest von Außen betrachtet. In mir sah es anders aus. Ich glaube, ich habe über die Jahre all die vielen Tränen – als Ausdruck meiner Trauer und meines Schmerzes – nach innen geweint. Solange bis der Damm gebrochen ist.
Jetzt weine ich viel. Alte Tränen. In Psalm 126 Vers 5 heißt es: Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Das sagt mir: meine Tränen sind gut. Ich fang an, sie zu mögen. Und umso mehr ich weine, umso mehr lerne ich auch ein neues Gefühl wahrhaftiger Freude kennen. Das ist für mich weit mehr als die Rückkehr in die Normalität (in der mir vieles und viele so tot erscheinen) – das nenne ich die Rückkehr ins Leben!