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Not. Vertrauen. Frieden finden.

Nach dem letzten Beitrag habe ich entschieden, eine Reihe über „Jesus und die Frauen“ zu schreiben. Dieser Artikel hat die Heilung der blutflüssigen Frau zum Thema (vgl. Lukas 8: 43-48; Matthäus 9: 18-23; Markus 5: 25-34).

Auf dem Weg zu Jairus

Wo anfangen? Der Evangelist Lukas schildert uns zunächst die Ausgangslage: Jesus und seine Jünger sind auf dem Weg zu Jairus, einem Vorsteher der örtlichen Synagoge. Jairus hat Jesus inständig um sein Kommen gebeten. Seine zwölfjährige Tochter liegt im Sterben und er hofft, dass Jesus seine Tochter wieder zurück ins Leben holen wird.

Jesus bahnt sich also den Weg durch die Menge, um zu Jairus zu gelangen. Ein ganzer Fanclub an Menschen umringt ihn. Für sie alle ist Jesus von Nazarath ein besonderer Mensch. Sie sind fasziniert von seinem Reden, gern in seiner Nähe und viele von ihnen haben das wunderliche Wirken Jesu bereits miterlebt.

Lebensverändernde Berührung

Auf dem Weg zu Jairus‘ Haus, bemerkt Jesus in der Menschenmenge eine Frau, die ihn von hinten an seinem Gewand berührt. Diese Frau, so die Erzählung, leidet seit zwölf Jahren unter ständigen Blutungen und hat „Schlimmes durchgemacht“ (Mk 5:26). Sie ist am Ende ihrer Kräfte. Ihre Lebenskraft ist versiegt. Sie hat längst keine Power mehr, am wirklichen Leben teilzunehmen. Fix und fertig mit der Welt, am Rande der Verzweiflung ist sie,… aber trotzallem ist da in ihr noch ein Rest Hoffnung („Wenn ich nur seinen Mantel berühre, werde ich wieder gesund.“ Mt 9:21) Und sie kämpft sich durch die Menge zu Jesus hin (Mk 5:27). Sie traut sich, Jesus zu berühren. Im Augenblick der Berührung von Jesus‘ Gewand, stoppt die Blutung. Jesus fragt: „Wer hat mich berührt?“ (Lk 8:45) Alle Umstehenden streiten die Berührung ab. Petrus beschwichtigt ihn und wendet ein: „…Hier sind doch so viele Menschen!“ Als ob man da eine Person ausfindig machen könnte! Doch Jesus ist beharrlich: er habe gespührt, wie eine heilende Kraft von ihm ausging. Infolgedessen gibt sich die Frau zu erkennen. „Zitternd vor Angst“ (Lk 8:47) heißt es im Bibeltext, wirft sie sich zu Boden und erklärt sich. „Tochter“, sagt Jesus zu ihr, Dein Glaube hat dich gesund gemacht. Geh in Frieden.“ (Lk 8:48)

„Dein Glaube hat dich gerettet“

Jesus bestärkt die Frau darin, dass es ihr Glaube und somit, dass es ihr Handeln war, das sie gesund gemacht hat. Jesus Worte sind Reaktion, sie sind Antwort auf das vorausgehende Tun der Frau. Die blutflüssige Frau sucht die vertrauensvolle Nähe Jesu. Sie findet seine einfühlsame urteilsfreie Liebe. Sie findet seinen Zuspruch. Sie erfährt Heilung an Körper, Geist und Seele, weil sie sich traut, sich in ihrer Bedürftigkeit Jesus hinzuwenden. Mit letzter (Glaubens-)Kraft zupft sie ihn am Saum seines Gewandes. Just im Moment des Berührens hören die Blutungen auf, wird sie gesund. Und doch: Die Bestärkung Jesu braucht es zur ganzheitlichen Heilwerdung der Frau. Denn durch ihr jahrelanges Leiden ist viel in ihr kaputt gegangen. Ihre Seele hat unter den körperlichen Strapazen, durch die gesellschaftliche Ausgrenzung Schaden genommen. Geh in Frieden, sagt Jesus zu ihr. Das heißt für mich zweierlei: Es ist eine Aufforderung zu gehen, das Alte loszulassen, in Bewegung zu bleiben. Und es ist eine Aufforderung, dies in Frieden zu tun – ohne Unruhe, schlechtes Gewissen, Stress, ohne Angst, welche die Frau zunächst noch überkommt.

Glauben heißt: Vertrauen.

Jesus lässt sich auf seinem Weg zu Jairus aufhalten und zeigt: Glaube hat Kraft. Die ausgestoßene Kranke wird gesund. Sie wird zur Tochter. Durch ihr Vertrauen wird sie heil. Durch die Begegnung mit Jesus findet sie Frieden.

Jesus bestärkt uns durch das Beispiel der blutflüssigen Frau, ähnliche Glaubensschritte zu tun. Er zeigt seine Empathie gegenüber unserer Bedürftigkeit. Jesus ist wichtig, dass die Frau in Erscheinung tritt, dass ihr Glaubens- und Vertrauensakt publik wird. Er stellt sie nicht bloß, sondern er würdigt ihr vertrauensvolles Handeln in aller Öffentlichkeit.

Nach der „zufälligen“ Begegnung mit der blutflüssigen Frau und ihrer Wunderheilung berichten drei der vier Evangelisten – kaum zu glauben – eine zweite „Tochterheilsgeschichte“. Es geht nun wieder um Jairus‘ Tochter. Wieder geht es da um Vertrauen, zu dem Jesus Jairus bestärkt („Hab keine Angst. Vertrau mir, und sie wird gerettet werden.“ (Lk 8: 50) Doch als sie zum Haus kommen, finden sie bereits einen ganzen Kreis Trauernder vor, die das Mädchen tot glauben.  Jesus sagt zu den Menschen dort: „Hört auf zu weinen! Sie ist nicht tot; sie schläft nur!“ (Lk 8:52) Aber sie lachen Jesus aus. „Was? So ein Spinner!“, denken sie sich wahrscheinlich. Jesus lässt sich nicht beirren, stellt seine Autorität unter Beweis: er nimmt das totgesagte Mädchen an der Hand und sagt: „Steh auf, mein Kind!“ (Lk 8:54)

Und dann?

Ist das zu glauben? … Dann öffnet das Mädchen doch tatsächlich just im selben Moment die Augen und steht auf. Wow! Was für ein Jesus! Was für eine Geschichte!

Diese Textpassage verdient mehr Aufmerksamkeit. Für heute will ich es jedoch dabei belassen. Glauben heißt: Vertrauen. Davon zeugen die beiden Geschichten von Töchtern, die so kurz aufeinander folgen. Auch wenn es dir als Leser möglicherweise schwer fällt, einen Zugang zu den Wundern Jesu zu bekommen, sich in dir Widerstand regt, oder dir meine Ausführungen zu dürftig erscheinen,… Ich freue mich, wenn du für dich etwas mitnehmen kannst, was dir gut tut. Denn:

Gott hat ein großes Herz für Frauen, für Mädchen, für Töchter. Gott lässt uns Frieden finden.

Im Zusammenhang mit meinen Darlegungen möchte ich auf einen guten Artikel zur Heilung der blutflüssigen Frau verweisen, der bei „Bibel in gerechter Sprache“ nachzulesen bzw. herunterzuladen ist.

 

 

Alles nur Fassade

Manchmal, wenn ich in Nürnberg an den vielen Mietshäusern mit buntem Anstrich vorbeigehe, würde ich gerne einen Blick hinter die Fassade werfen. Betrete ich eine Wohnung, eröffnet sich mir eine Innenwelt, die oft ganz anders ist, als das, was ich mir zuvor ausgemalt habe. Zumeist bin ich sehr positiv überrascht – nicht von der Einrichtung als solches (ja, manchmal auch das!): Ich fühle mich wohl, in fremden Wohnungen zu Gast zu sein. Für mich sind dies Einladungen, einander in einer anderen Weise zu begegnen als wir das im Alltag, auf der Arbeit, beim Sport, auf der Straße oder beim Einkaufen tun. Die Person zeigt mir etwas mehr von sich. Sie zeigt mir, wo sie zu Hause ist, dort, wo sie – und wenn sie es nur für sich alleine und für kurze Zeit tut – ihre Masken abnimmt. Die Wohnung eines Anderen zu betreten, das hat für mich etwas Heiliges. Ich betrete ein Stück Intimssphäre des Anderen. Ich erlebe das als große Bereicherung. Ich bin dankbar und bemühe mich, der Person und ihrer Wohnung mit entsprechendem Respekt zu begegnen.

Ein Gedankenspiel: Ich klingele unten an der Haustüre, in Vorfreude und Neugier darüber, was mich oben erwarten wird. Ich stelle mich darauf ein, dass ich die Wohnung betrete, mir die Schuhe ausziehe und auf einem Sofa oder Stuhl Platz nehme, die Bilder und Dekoration beschaue, während mir mein Gastgeber einen Tee oder Kaffee kocht und ein paar Kekse auf den Tisch stellt – als Auftakt sozusagen, bevor wir zu erzählen beginnen… Doch dann – die Haustüre öffnet sich – übertrete ich die Schwelle und finde mich schlichtweg auf der Hausrückwand wieder. Kein Hausflur, keine Wohnungstüre, keine Innenansicht. Alles nur Fassade! Da stehe ich nun – bleibe außen vor. Enttäuschung macht sich breit. Leere. Was soll das? Ich werde sogar ein bischen wütend. War das etwa alles nur Show?

Das Wort „Fassade“ beschreibt laut Duden neben der vorderen Außenwand eines Gebäudes ein „äußeres Erscheinungsbild, das über den wahren Hintergrund, das eigentliche Wesen von jemandem, nichts aussagt, es verbirgt.“ Im Alltag ist Vieles ersteinmal Fassade. Wir alle tragen unsere Masken. Es ist kaum möglich, ohne etwas Fassade als ganzer Mensch in unserer Gesellschaft zu bestehen. Nur ich befürchte: viele Menschen wissen gar nicht, wer und was sie als Ganzes und im Innern sind. Oder sie haben Angst davor, sich damit zu zeigen. Wir werkeln an unserer Fassade: an unserer Kleidung, der Figur, dem Erscheinungsbild. Und wir vergessen dabei unser Inneres zu pflegen, unsere Gedanken, unser Herz.

Für mich hat es einen ganz besonderen Wert, wenn mich Menschen hinter ihre Fassade blicken lassen. Ich freue mich, Menschen zu treffen, die nicht so supersaniert aussehen, Menschen, die in ihrer Natürlichkeit erstrahlen, Menschen, die authentisch sind. Das ermutigt mich, mich auch so zu zeigen. Doch wie schaut Gott auf uns, auf dich und mich?

Gott läßt sich durch menschliche Fassaden nicht täuschen. Er sieht unser Herz und unsere Gedanken, ob wir Ihn bewusst einlassen oder nicht. Das kann vielleicht, sollte dir aber keine Angst machen. Gott ist nicht der „big brother“ eines Überwachungsstaates, der uns kontrolliert und alle Details zu unserer Person gnadenlos gegen uns verwendet. Im Gegenteil: Dass er mich kennt und sieht, wie ich wirklich bin und mich genauso liebt, das nimmt mir die Angst, das gibt mir Freiheit: Ich brauche mir nicht den Kopf zerbrechen, wie ich am besten Eindruck bei Ihm schinde. Ich muss mich nicht sorgen, wenn ich bei Seinem unangekündigten Besuch meine „Gedankenbude“ nicht aufgeräumt habe. Er kommt einfach gerne zu mir, weil Ihm an mir gelegen ist. Er freut sich bei mir und mit mir zu sein. Er braucht keinen Kaffee, keine Kekse, kein Geplänkel.

Ich bin mir sicher: Er hat seine Freude an meiner Echtheit, wenn ich so bin, wie Er sich das gedacht hat. Ohne Maske, ohne Schein. Echtsein in einer Gesellschaft, die voller Schauspiel und Maskerade ist, ist eine Herausforderung. Doch ich finde: Diese Show muss nicht weitergehen! Gott zeigt mir, dass ich mich vor dem Echtsein nicht fürchten muss. Ich wünsche uns allen mehr Mut, uns selbst mit allem, was wir sind und dort, wo wir sind, zu zeigen. Ich wünsche uns, dass wir einander einladen, hinter die Fassade zu blicken, um die Schönheit des Echten zu erleben.