„Der Herr aber wird Dir in allen Dingen Verstand geben“, heißt es im Zweiten Timotheusbrief, Vers 2 Absatz 7. Das ist ein Statement. Sollte uns das nicht beruhigen? Wenn wir Paulus beim Wort nehmen, können wir sicher sein, dass Gott uns hilft, in jeder Situation den Durchblick zu behalten.
Aber ist es tatsächlich so? Haben wir in stressigen Zeiten den Durchblick? Sind wir immer bei klarem Verstand, um gute Entscheidungen für uns selbst zu treffen? Oder erscheint uns nicht manchmal alles ein wenig diesig, unklar, getrübt von der Meinung anderer, undurchsichtig, emotional?
Ich erinnere mich daran, wie meine Englischlehrerin mir einmal einen gesunden Menschenverstand zusagte. Ich weiß nicht mehr, in welchem Kontext sie das sagte. Aber es beruhigte mich.
Zwanzig Jahre später wundere ich mich ein wenig. Ist es nicht verrückt?: Umso älter und scheinbar erfahrener ich werde, umso häufiger zweifle ich daran, dass ich diesen gesunden Menschenverstand besitze. Ich glaube es hängt damit zusammen, dass ich mit der Zeit mehr und mehr Menschen begegne, die vieles so anders machen, als es mir meine eigene Urteilskraft vorgibt. Ihr Handeln ist manchmal sehr weit von dem entfernt, was ich für angebracht halte.
Ich bin da manches Mal schon etwas verzweifelt.
Wenn ich dem Eingangssatz Glauben schenke, dann „gibt“ mir Gott Verstand, was soviel bedeutet wie: Ich kann darauf vertrauen, dass ich auch im Tumult des scheinbar Törichten in der Lage bin, verstandesmäßige Entscheidungen zu treffen und entsprechend zu handeln.
Ich kann darauf hoffen, dass hinter all dem, was andere entscheiden, vielleicht auch etwas vom göttlichen Verstand steckt, auch wenn mir das zunächst sehr abwegig erscheint. Möglicherweise liegt das Richtige zwischen meiner und der anderen Sicht auf die Welt. Vielleicht kann Gott das unvereinbar scheinende Emotionale in seiner Wahrheit auflösen und beide Seiten das Wahrhaftige sehen lassen.
An diesem Gedanken möchte ich festhalten. In diesen Tagen vor Weihnachten will ich ganz fest auf Gottes verstandesmäßige Führung hoffen. Worauf sonst?